Digitalisierung im Gesundheitswesen 2024

Mathias Dr. Lippa • 1. Juni 2024

Digitalisierung im Alltag einer Praxis ...

Die politisch forcierte Digitalisierung im Gesundheitswesen und die teils wirklich schlecht getesteten Verfahren und handwerkliche Fehler von Akteuren im System sind ein echter Kraftakt für alle Praxen, der zusätzlich zur ärztlichen Realversorgung durch das Personal der Arztpraxen gestemmt wird. In nahezu jedem neuen Gesetz, welches das Gesundheitssystem betrifft finden sich auch neue Regelungen und Rahmenbedingungen zur IT und zur Digitalisierung.


Ein kleiner Erfahrungsbericht aus der Praxis:

Wir hatten im Mai 2024 für 20 Tage massiv mit den Tücken der Digitalisierung zu kämpfen: der Vertrauensdiensteanbieter D-Trust GmbH (Tochter der Bundesdruckerei) hatte es nicht geschafft unsere Zertifikate für den neuen Praxisausweis an der richtigen Stelle auf irgendeinem Server zu hinterlegen (was auch immer das bedeuten mag ...). Aus diesem Grunde konnten in diesem Zeitraum weder KIM Nachrichten von anderen Ärzten empfangen oder von uns an andere Ärzte gesendet werden, noch konnten die eAU auf dem vorgesehenen digitalen Weg an die Krankenkassen verschickt werden.

In der zweiten Maihälfte konnte der Versand der Nachrichten jedoch nachgeholt werden.

Im Zuge dieses Durcheinander sagte mir ein IT-Mitarbeiter süffisant am Telefon: "Das ist Staats-IT - das ist so als wenn man versucht einen Ferrari mit einem Oldtimer zu kreuzen". Da musste ich laut lachen Manches kann man irgendwie nur mit Humor nehmen, aber das nur als kleine Anekdote am Rande aus dem Alltag unserer Arztpraxis ...


Wenn die Technik läuft, klappt es tatsächlich im Allgemeinen ganz gut, aber wenn eines der vielen kleinen digitalen Zertifikate und Zahnräder nicht funktionieren, dann gibt es eben aufwändige Fehlersuchen und Kopfschmerzen abseits des eigentlichen Behandlungsauftrages.


An das eRezept haben wir uns nun schon langsam gewöhnt, oder?

Ihre eGK (Gesundheitskarte) benötigen Sie nicht mehr nur beim Arzt, sondern auch beim Apotheker.

Die Einlösung der eRezepte in den Apotheken läuft tatsächlich überraschend gut, auch wenn hierfür erstmal etliche interne Abläufe umgestellt werden mussten und die Abhängigkeit von der Technik (und den Technikern ...) weiter zugenommen hat.

Leider hat die Politik zu allem Überfluss auch noch zahlreiche Ausnahmen und Sonderregeln beim eRezept vorgesehen. Das macht es für Ärzte und Apotheker nicht einfacher, aber das sind wir ja gewohnt ;-).


Falls Sie dennoch mal ein Papierrezept benötigen (z.B. für Heimbewohner, Sprachbarriere, G-Karte defekt) können wir Ihnen auch weiterhin ein Papierrezept ausdrucken. Privatpatienten bekommen sowieso zunächst grundsätzlich ihr Rezept auf Papier weiter. Es digitalisiert sich eben etwas langsamer und bürokratischer in Deutschland ;-)

Den Ausdruck von QR-Codes als witzige analog-digitale Variante zur Einlösung von eRezepten lehne ich als Praxisinhaber konsequent ab, dann werde ich lieber wie gewohnt das Rezept auf Papier ausdrucken (weniger Papier, weniger Toner). Entweder es läuft vernünftig digital, oder gar nicht - für halbe Sachen brauchen nicht viele Millionen Euro unserer Beiträge und Steuergelder ausgegeben werden!


Und was machen die anderen digitalen Gesundheitsprojekte unserer Politik?!

Die eAU (elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) klappt seit Mitte 2023 ganz stabil und bringt etliche Vereinfachungen für Arbeitnehmer, für uns alsPraxen und für die Arbeitgeber bedeutet die eAU wiederum Mehrarbeit.

P.S. Aktuelle Zahlen aus der Gesundheitsökonomie bescheinigen für 2023 einen steigenden Krankenstand von Arbeitnehmern in Deutschland - die Experten wissen noch nicht, was die Ursachen sind (und wir Nicht-Experten wollen mal stark hoffen, dass dies nicht an der eAU und der Einfachheit einer telefonischen Krankschreibung liegt).


KIM (Kommunikation im Medizinwesen) - das ist die sichere Nachricht im Gesundheitswesen, die irgendwann das FAX ersetzen soll. Das holpert und stolpert, ist ziemlich unkomfortabel in der Anwendung, dafür aber wohl sehr sehr sicher ...

Wir als Praxis nutzen KIM konsequent und auch viele Fachärzte übersenden Ihre Arztberichte bereits über KIM, die Kliniken im Umfeld nutzen diesen Versandweg noch nicht. Das Ding scheint sich aber (wenn auch langsam) zu etablieren.


Die ePA (elektronische Patientenakte) ist das nächste große Husarenstück im Kabarett der Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens. Die halte ich persönlich für einen teuren "Rohrkrepierer". Es lohnt sich meiner Meinung nach hierbei nicht, sich in eine veraltete digitale Struktur hineinzudenken und Zeit und Ressourcen in dieses Projekt der Politik zu investieren.Und was machen die anderen.

Aber die Politik hat jetzt in 2024 eine "neue" ePA ins Spiel gebracht, natürlich verpflichtend für uns Praxen und als optOut für Sie als Patienten, hier sollen die Funktionalitäten in der Nutzung ganz neu geregelt sein. Das wäre wirklich sehr wünschenswert - allein der Glaube fehlt mir noch ...



Ihr

Dr. Mathias Lippa


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Ich könnte mir vorstellen, dass in 2022 durchaus wieder einmal eine stärkere Grippewelle in Deutschland stattfindet. Auf der Südhalbkugel kam es im diesjährigen Frühjahr und Frühsommer zu einer größeren Influenza-Welle als im letzten Jahr. Bereits im Sommer hatten wir es in der Praxis vermehrt mit teils banalen aber auch mit fieberhaften Infektionserkrankungen oder Covid-Infektionen zu tun. Aus diesem Grund möchte ich für 2022 wie auch schon in 2021 erneut zur Prävention durch die Grippeimpfung raten. Impfstoff (Vierfachimpfstoff) ist bestellt, ich hoffe, dass es dieses Jahr nicht so ein Desaster um die Impfstofflieferungen wie in den beiden vergangenen Jahren gibt. Für die über 60-Jährigen steht Efluelda als höher dosierter Vierfachimpfstoff zur Verfügung. Dieser soll zu einer etwas verbesserten Immunität führen, einige Patienten haben in den letzten Jahren bei diesem Impfstoff über verstärkte Lokalreaktionen. Gerne berate ich Sie hierzu. Ihr Dr. Mathias Lippa
von Mathias Dr. Lippa 14. März 2021
Die Welt wird digitaler, die Gesundheitssysteme werden auch digitaler. Das Gesundheitssystem in Deutschland soll nun auch digital werden. Und wenn es nach dem Willen des derzeitigen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn geht, dann soll dies möglichst schnell gehen. Man bekommt den Eindruck, dass hier innerhalb eines Legislaturperiode möglichst viele Gesetze und Vorhaben in möglichst kurzer Zeit verabschiedet werden sollen. Nahezu im Wochentakt werden neue Schlagwörter, Elemente und neue Arbeits- und Kommunikationsregeln im Gesundsheitssystem "in den Ring geworfen". Dies hält auch während der Corona-Pandemie unverändert an, einige Beispiele: TI (Telematikinfrastruktur) mit Konnektoren die in den Praxen KIM (Kommunikation im Medizinwesen) eAU (elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) ePA (elektronische Patientenakte) Fortsetzung folgt ...
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